250.000 € Schmerzensgeld nach Behandlung durch alkoholkranken Arzt
Urteil des LG Münster, 01.03.2018 – 111 O 25/14
Sachverhalt
Die zum damaligen Zeitpunkt 55-jährige Klägerin litt für eine lange Zeit an Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, sowie an Armschmerzen, zum Teil bis in die Schulter ausstrahlend.
Nachdem sie von ihrem Hausarzt an ein Zentrum für Wirbelsäulenchirurgie verwiesen worden war, wo die Behandlung jedoch erfolglos blieb, stellte sie sich schließlich bei dem Beklagten zu 1) vor, welcher ihr, nach einer Bandscheibenvorfall-Diagnose, nachdrücklich und alternativlos eine Operation der Bandscheibe in den Segmenten C5/6 und C6/7 ans Herz legte.
Diese Operation wurde im Hause der Beklagten zu 2) durchgeführt. Im Laufe der Operation wurde das Rückenmark der Klägerin verletzt. Als Folge dieses Behandlungsfehlers ist sie nun zu 80% schwerbehindert, dauerhaft auf die Hilfe Dritter angewiesen und unterliegt dem Pflegegrad 2.
Es ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1) zum Zeitpunkt der Operation an einer Alkoholerkrankung litt. Die Klägerin behauptete, dass der Beklagte zu 1) auch zum Eingriffszeitpunkt erheblich alkoholisiert gewesen sei. Zur Belegung ihrer Aussage führte sie mehrere Zeugenaussagen von anderen Patienten sowie Mitarbeitern des Krankenhauses an, die bestätigen konnten, dass er schon öfters wegen offensichtlicher Trunkenheit während der Arbeitszeit aufgefallen war. Einer der Zeugen war zur Zeit der Operation Geschäftsführer der Beklagten zu 2) gewesen und informierte das Gericht über eine zweimalige Entzugsbehandlung des Beklagten zu 1). Zudem beanstandete sie, dass sie zu einer Operation gedrängt wurde, die nicht zwangsläufig nötig gewesen wäre.
Die Beklagten behaupteten, dass der Beklagte zu 1) während des Eingriffs nicht alkoholisiert war und die Behandlung lege artis durchgeführt wurde.
Das Landgericht verurteile die Beklagten dazu, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 250.000€ zu zahlen.
Dem Beklagten zu 1) seien Behandlungsfehler unterlaufen. Er klärte die Klägerin weder ausreichend über die Risiken der Operation auf, noch bot er Alternativen. Zudem kam, dass diese Behandlung bei dem vorliegenden Beschwerdebild nachweislich kein Nutzen hätte bringen können. Es stand zur Überzeugung des Gerichts, dass die gesundheitlichen Schäden der Mandantin durch die Operation verursacht worden sind.
Die Beklagte zu 2) hat ebenfalls für diesen Fehler mit gravierenden Folgen einzustehen. Dies gilt, obwohl der Beklagte zu 1) lediglich als Belegarzt tätig war und es nicht sicher geklärt werden konnte, ob ein gespaltener Krankenhausaufnahmevertrag mit der Klägerin vorlag, da ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 2) vorlag, das sich darin bezeichnen lässt, dass sie die Arbeit des Beklagten zu 1) duldete, obwohl sie von seiner Alkoholerkrankung und damit verbundener mehrmaliger Entzugsbehandlung wusste.